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Kirchengesetz über die Rechtsstellung
der privatrechtlich beschäftigten Mitarbeitenden (Mitarbeitendengesetz – MG)

Vom 12. Dezember 2019

KABl. 2019, S. 311, geändert durch Kirchengesetz vom 26. November 2021, KABl. 2021, S. 142

Die Landessynode hat mit Zustimmung des Kirchensenates das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

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§ 1
Geltungsbereich

( 1 ) Dieses Kirchengesetz gilt für die privatrechtlich Beschäftigten und zu ihrer Ausbildung Beschäftigten (Mitarbeitende) der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und derjenigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht der Landeskirche unterstehen.
( 2 ) Für Ordinierte in einem privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis bleiben die besonderen Vorschriften über die dienstlichen Pflichten der Pfarrerinnen und Pfarrer unberührt.
( 3 ) Nicht in Absatz 1 genannte kirchliche Einrichtungen wie Vereine und andere Körperschaften sowie Stiftungen können dieses Kirchengesetz mit Zustimmung des Landeskirchenamtes ganz oder zum Teil anwenden.
( 4 ) Die Regelungen des Vertrages über die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen vom 28. März 2014 bleiben unberührt.
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§ 2
Grundlagen des kirchlichen Dienstes

( 1 ) Der kirchliche Dienst ist durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu bezeugen. Alle Personen, die in Anstellungsverhältnissen in der Kirche tätig sind, tragen dazu bei, dass dieser Auftrag erfüllt werden kann. Dieser Auftrag ist die Grundlage der Rechte und Pflichten von Anstellungsträgern sowie Mitarbeitenden. Die gemeinsame Verantwortung für den kirchlichen Dienst verbindet Anstellungsträger und Mitarbeitende zu einer Dienstgemeinschaft und verpflichtet sie zu vertrauensvoller Zusammenarbeit.
( 2 ) Die kirchlichen Anstellungsträger haben die Aufgabe, ihre Dienststellen und Einrichtungen gemäß ihrer evangelischen Identität zu gestalten. Sie tragen Verantwortung für die evangelische Prägung in den Arbeitsvollzügen, den geistlichen Angeboten und der Organisation ihrer Dienststelle oder Einrichtung.
( 3 ) Die Anstellungsträger haben die Aufgabe, ihre Mitarbeitenden mit den christlichen Grundsätzen ihrer Arbeit vertraut zu machen. Sie fördern die Fort- und Weiterbildung zu Themen des Glaubens und des christlichen Menschenbildes und berücksichtigen diese Themen auch in der kirchlichen Berufsausbildung.
( 4 ) Der Anstellungsträger soll mit Bewerberinnen und Bewerbern in den Einstellungsgesprächen erörtern, dass der Auftrag der Kirche die Arbeitsvollzüge prägt.
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§ 3
Mitarbeiterstellen

( 1 ) Mitarbeitende dürfen nur angestellt werden, wenn eine freie Mitarbeiterstelle vorhanden ist. Durch Rechtsverordnung kann geregelt werden, inwieweit außerplanmäßige Kräfte angestellt werden können.
( 2 ) Abweichend von Absatz 1 bedarf es zur Anstellung von zur Ausbildung Beschäftigten, Praktikantinnen und Praktikanten keiner Mitarbeiterstelle.
( 3 ) Die Landeskirche und diejenigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht der Landeskirche unterstehen, errichten für ihre Beschäftigten die erforderlichen Mitarbeiterstellen.
( 4 ) Durch Rechtsverordnung kann geregelt werden, inwieweit der Beschluss über die Errichtung und Aufhebung von Mitarbeiterstellen der Genehmigung bedarf und welche Stelle für die Genehmigung zuständig ist. Der Beschluss über die Errichtung einer Mitarbeiterstelle darf nur gefasst und genehmigt werden, wenn die erforderlichen Mittel bereitgestellt sind.
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§ 4
Stellenausschreibungen

Durch Rechtsverordnung kann geregelt werden, dass Stellen für Mitarbeitende nur besetzt werden dürfen, wenn sie zuvor mindestens innerkirchlich ausgeschrieben waren. In den Stellenausschreibungen ist auf die Anforderungen an die Kirchenmitgliedschaft nach § 16 hinzuweisen.
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§ 5
Ausbildung und Prüfungen

Das Landeskirchenamt kann Bestimmungen über Ausbildung und Prüfungen bestimmter Gruppen von Mitarbeitenden erlassen.
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§ 6
Einführung

Zu Beginn ihres Dienstes sollen die Mitarbeitenden in einem Gottesdienst eingeführt werden.
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§ 7
Genehmigungsvorbehalte

( 1 ) Durch Rechtsverordnung kann geregelt werden, inwieweit der Beschluss eines Anstellungsträgers über die Begründung oder die Änderung des Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses einer oder eines Mitarbeitenden der Genehmigung bedarf und welche Stelle für die Erteilung der Genehmigung zuständig ist.
( 2 ) Durch Rechtsverordnung kann geregelt werden, inwieweit der Beschluss eines Anstellungsträgers über die Kündigung eines Dienstverhältnisses der Genehmigung bedarf und welche Stelle für die Erteilung der Genehmigung zuständig ist.
( 3 ) Der Beschluss über die fristlose Kündigung eines Dienstverhältnisses ist dem Landeskirchenamt unverzüglich anzuzeigen.
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Abschnitt 2
Allgemeine Rechte und Pflichten

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§ 8
Dienstvertragsordnung

( 1 ) Dienstverträge werden nach den Bestimmungen einer Dienstvertragsordnung und der diese Dienstvertragsordnung ergänzenden oder ersetzenden Arbeitsrechtsregelungen abgeschlossen. Das Zustandekommen der Dienstvertragsordnung regelt das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im kirchlichen Dienst.
( 2 ) In der Dienstvertragsordnung und in den die Dienstvertragsordnung ergänzenden oder ersetzenden Arbeitsrechtsregelungen sind die Bestimmungen über die Verhältnisse des Dienstes und die Entgelte unter Beachtung der kirchlichen Erfordernisse an den Bestimmungen auszurichten, die jeweils für den öffentlichen Dienst im Land Niedersachsen gelten. Die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes sind insbesondere bei der Festsetzung von Tätigkeitsmerkmalen zu berücksichtigen. § 9 bleibt unberührt.
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§ 9
Zusatzversorgung

Privatrechtlich Beschäftigte erhalten eine Zusatzversorgung nach dem Recht der Landeskirche. Die Leistungen werden auf der Grundlage der Versorgungsordnung und nach Maßgabe des Tarifvertrages über die zusätzliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – Altersvorsorge-TV-Kommunal – in seiner jeweils geltenden Fassung gewährt. zDie Anstellungsträger sind verpflichtet, Versicherungsbeiträge an die Zusatzversorgungskasse zu entrichten sowie die von der Zusatzversorgungskasse erhobenen Sanierungsgelder zur Finanzierung der nach Maßgabe der Versorgungsordnung festgestellten Besitzstände zu zahlen. Eine Eigenbeteiligung der Mitarbeitenden an den Beiträgen zur Zusatzversorgung ist dem Grund und der Höhe nach in der Dienstvertragsordnung zu regeln.
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§ 10
Schweigepflicht

( 1 ) Mitarbeitende dürfen ohne Einwilligung des Landeskirchenamtes oder der von ihm bestimmten Stelle über Angelegenheiten, die der Schweigepflicht unterliegen, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Einwilligung, als Zeuge auszusagen oder ein Gutachten zu erstatten, kann versagt werden, wenn die Aussage oder das Gutachten wichtige kirchliche Interessen gefährden würde.
( 2 ) Absatz 1 gilt nicht, soweit gegenüber dem Landeskirchenamt ein durch Tatsachen begründeter Verdacht mitgeteilt wird, dass beruflich oder ehrenamtlich Mitarbeitende
  1. für die Dienstausübung oder das Unterlassen einer Diensthandlung einen Vorteil für sich oder einen Dritten gefordert, sich versprechen lassen oder angenommen haben, ohne die Genehmigung der zuständigen Stelle zuvor oder unverzüglich nach Empfang eingeholt zu haben,
  2. eine Vorteilsgewährung oder Bestechung im Sinne des Strafgesetzbuches begangen haben oder
  3. sexualisierte Gewalt ausgeübt oder eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Sinne des Strafgesetzbuchs begangen haben.
Dasselbe gilt im Falle eines Versuchs.
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§ 11
Verantwortung und Verhalten im Dienstverhältnis

( 1 ) Alle Mitarbeitenden übernehmen in ihrem Aufgabenbereich Mitverantwortung für die glaubwürdige Erfüllung kirchlicher Aufgaben. Sie haben sich gegenüber der evangelischen Kirche loyal zu verhalten. Von allen Mitarbeitenden wird erwartet, dass sie die Heilige Schrift und das Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche achten und dass sie in ihrem beruflichen Handeln den kirchlichen Auftrag vertreten und fördern.
( 2 ) Alle Mitarbeitenden sind verpflichtet, sich innerhalb und außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass die glaubwürdige Ausübung dieses Dienstes nicht beeinträchtigt wird.
( 3 ) Alle Mitarbeitenden haben bei ihrer beruflichen Tätigkeit das Nähe- und Distanzempfinden des Gegenübers zu achten (Abstandsgebot). Sexuelle Kontakte zu Personen, die zu ihnen in einem Obhutsverhältnis, in einer Seelsorgebeziehung oder in einer vergleichbaren Vertrauensbeziehung stehen, sind ihnen untersagt. Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse dürfen Mitarbeitende nicht zur Befriedigung eigener Interessen und Bedürfnisse, für sexuelle Kontakte oder andere grenzüberschreitende Verhaltensweisen missbrauchen (Abstinenzgebot).
( 4 ) Alle Mitarbeitenden sind verpflichtet, zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht sexualisierter Gewalt oder einer Verletzung des Abstinenz- und Abstandsgebotes nach Absatz 3 durch beruflich oder ehrenamtlich in der Kirche Mitarbeitende unverzüglich einer vom Landeskirchenamt bestimmten Stelle mitzuteilen. Sie sind berechtigt und verpflichtet, sich zur Einschätzung eines unklaren Vorfalls durch eine vom Landeskirchenamt bestimmte Stelle beraten zu lassen.
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§ 12
Gelöbnis

Die Mitarbeitenden legen zu Beginn ihres Dienstes das folgende Gelöbnis ab: „Ich gelobe, den mir anvertrauten Dienst treu und gewissenhaft zu erfüllen, Verschwiegenheit zu wahren und mich innerhalb und außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass die glaubwürdige Ausübung meines Dienstes nicht beeinträchtigt wird”. Das Gelöbnis soll mit dem Satz schließen: „Ich gelobe es mit Gottes Hilfe”.
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§ 13
Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung

Wird einer oder einem Mitarbeitenden von ihrem oder seinem Anstellungsträger eine Dienstpflichtverletzung vorgeworfen oder hat er oder sie Grund zu der Befürchtung, dass ihm oder ihr eine Dienstpflichtverletzung vorgeworfen wird, so kann er oder sie vom Anstellungsträger eine Klärung des dem Vorwurf zugrunde liegenden Sachverhaltes verlangen.
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§ 14
Kandidatur bei staatlichen Wahlen

Auf privatrechtlich Beschäftigte sind die für Kirchenbeamte und Kirchenbeamtinnen geltenden Vorschriften über eine Bewerbung um die Aufstellung als Kandidat oder Kandidatin für die Wahl zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag, zu einem gesetzgebenden Organ eines Bundeslandes oder zu einem kommunalen Amt oder Mandat entsprechend anzuwenden.
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Abschnitt 3
Berufliche Anforderungen

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§ 15
Allgemeine Anstellungsvoraussetzungen

( 1 ) Im kirchlichen Dienst kann nur angestellt werden, wer
  1. die Anforderungen an die Kirchenmitgliedschaft erfüllt (§ 16),
  2. die für den Dienst erforderliche Vorbildung und Ausbildung erhalten, die vorgeschriebenen Probezeiten und praktischen Dienstzeiten mit Erfolg zurückgelegt und die vorgeschriebenen Prüfungen bestanden hat,
  3. frei von Krankheiten und sonstigen Beeinträchtigungen ist, die die Ausübung des Dienstes wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen der Ausübung dieser Tätigkeit wesentlich hindern.
( 2 ) Für eine Einstellung kommt nicht in Betracht, wer wegen einer Straftat, die nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch zum Ausschluss von Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe führt, rechtskräftig verurteilt worden ist. In begründeten Ausnahmefällen kann eine Einstellung erfolgen, wenn ein beruflich bedingter Kontakt zu Minderjährigen oder zu Volljährigen in Abhängigkeitsverhältnissen auszuschließen ist. Über die Einleitung eines Strafverfahrens, das die Eignung für diese Aufgaben in Frage stellen kann, ist Auskunft zu erteilen. Mitarbeitende, die in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen oder in anderen Obhutsverhältnissen tätig sein sollen, dürfen nur eingestellt werden, wenn sie ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) vorlegen und dieses Zeugnis keine Eintragung wegen einer Straftat nach Satz 1 enthält.
( 3 ) Das Landeskirchenamt kann von den Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 1 nach Maßgabe des § 16 und der diesen ergänzenden Vorschriften Befreiung erteilen. Es kann bestimmen, dass andere Stellen die Befreiung nach Satz 1 erteilen können oder dass die Befreiung als erteilt gilt. Eine erteilte Befreiung erlischt, wenn sich die in der Person der oder des Mitarbeitenden zugrunde gelegten Voraussetzungen ändern.
( 4 ) Das Landeskirchenamt kann von den Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 2 und 3 Befreiung erteilen, wenn es im Hinblick auf die Aufgabe verantwortet werden kann.
( 5 ) Erfüllt eine Mitarbeitende oder ein Mitarbeiter eine Anforderung aus Absatz 1 für die Anstellung im kirchlichen Dienst nicht oder nicht mehr, so soll der Anstellungsträger durch Beratung und Gespräch auf eine Beseitigung des Mangels hinwirken. Ein Mangel im Sinne von Satz 1 liegt insbesondere in folgenden Fällen vor:
  1. Die Voraussetzungen nach Absatz 1 haben bei der Anstellung nicht vorgelegen.
  2. Eine Befreiung nach Absatz 3 oder 4 besteht nicht oder nicht mehr.
  3. Die oder der Mitarbeitende tritt aus der evangelischen Kirche aus, aus einer anderen Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Niedersachsen oder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen aus, ohne die Mitgliedschaft in einer anderen Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Niedersachsen oder einer Kirche der Vereinigung Evangelischer Freikirchen zu erwerben.
Kann der Mangel nicht auf andere Weise behoben werden, so kann nach Abwägung der Umstände des Einzelfalles als letzte Maßnahme eine außerordentliche Kündigung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund ausgesprochen werden.
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§ 16
Anforderungen an die Kirchenmitgliedschaft
für die berufliche Mitarbeit im kirchlichen Dienst

( 1 ) Die Anforderung an die Kirchenmitgliedschaft richtet sich nach der Erfüllung des kirchlichen Auftrags in seiner konkreten Ausgestaltung.
( 2 ) Die berufliche Mitarbeit in der Landeskirche setzt grundsätzlich die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Kirche voraus, mit der die Evangelische Kirche in Deutschland in Kirchengemeinschaft verbunden ist.
( 3 ) Absatz 2 gilt uneingeschränkt für Mitarbeitende, denen Aufgaben der Verkündigung, der Seelsorge und der evangelischen Bildung übertragen sind.
( 4 ) Mitarbeitende, denen eine erhebliche Entscheidungs- oder Repräsentationsverantwortung übertragen ist, können auch Mitglied einer anderen christlichen Kirche sein. Das Nähere kann durch Rechtsverordnung geregelt werden.
( 5 ) Sofern es nach Art der Aufgabe unter Beachtung der Größe der Dienststelle oder Einrichtung und ihrer sonstigen Mitarbeiterschaft sowie des jeweiligen Umfelds vertretbar und mit der Erfüllung des kirchlichen Auftrags vereinbar ist, können für alle übrigen Aufgaben auch beruflich Mitarbeitende beschäftigt werden, die keiner christlichen Kirche angehören. Durch Rechtsverordnung können Aufgabenbereiche bestimmt werden, für die Satz 1 keine oder nur eingeschränkte Anwendung findet.
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Abschnitt 4
Schlussvorschriften

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§ 17
Inkrafttreten, Außerkrafttreten